Wie der Betrachter zum Schöpfer wird
10. Juli 2014
Es hat inzwischen Tradition, dass an der Universität Konstanz einmal im Jahr ein Vortrag in Erinnerung an den renommierten Konstanzer Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Wolfgang Iser stattfindet: die nach ihm benannte Iser-Lecture. Zu Wort kommen jeweils Wissenschaftler, die Wolfgang Iser verbunden waren beziehungsweise der Forschergruppe Poetik und Hermeneutik angehörten. Auch der international renommierter Kunsthistoriker Wolfgang Kemp war Mitglied in diesem Kreis und kannte die Konstanzer Gründer von Poetik und Hermeneutik noch persönlich. Nicht nur durch seine Forschung, sondern auch als Essayist und Schriftsteller machte er sich einen Namen.
Auch thematisch besteht eine enge Verbindung zwischen Iser und Kemp, da Letzterer Fragen der Konstanzer Rezeptionsästhetik für die Kunstbetrachtung erschlossen hat: Während Iser dem Lesen die tragende Rolle bei der Entstehung des ‚eigentlichen’ literarischen Werks zuschrieb, untersuchte Kemp darauf aufbauend die Bedeutung des Betrachters für die Realisierung von Kunstwerken.
„Wolfgang Kemp hat eine besondere Gabe, von anderen Disziplinen entwickelte Instrumente so für sich auszuwählen, zu verändern und sich anzueignen, dass sie seinem eigenen Fach neue Impulse vermitteln. Seine Arbeiten, in denen er ganz neue Perspektiven des Sehens eröffnet hat, strahlen weit über den fachinternen Diskurs hinaus“, so die Konstanzer Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann, die auch dieses Jahr die vom Exzellenzcluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“ geförderte Wolfgang-Iser-Lecture organisiert.